Peter Matussek

Digitale Gedächtnistheater.

 


Vortrag mit Multimedia-Präsentation, gehalten am 26.1.2000 im Sfb "Kulturen des Performativen" (FU Berlin).

 

 

     
 

Die folgenden Ausführungen haben Überblickscharakter – das Zeitlimit erlaubt es nicht, Details zu vertiefen; das wird dann im Projektverlauf in dezidierten Einzelstudien geschehen.

Bei der Auswahl und Evaluierung des Materials lehnen wir uns an die allgemeine Hypothese des Sfb an, daß wir derzeit eine performative Wende in den westlichen Kulturen und ihren Wissenschaften erleben. Bezogen auf die Gedächtnisthematik ist das daran festzustellen, daß sich die Leitmetapher für die Funktion des menschlichen Erinnerns vom Speicherabruf zur Theateraufführung gewandelt hat:[1] Auch den Neurowissenschaftlern erscheinen Gedächtnisinhalte nicht mehr nur als passive Objekte der Einlagerung und Entnahme, sondern auch und vor allem als Akteure in wechselnden Inszenierungen.

Diese Wende in der Metapherngeschichte des menschlichen Gedächtnisses[2] geht einher mit entsprechenden Veränderungen der Art und Weise, wie wir über Computer sprechen. Im Zuge des Vordringens interaktiver Anwendungen wird die Funktion digitaler Medien nicht mehr nur in den invarianten Begriffen von "storage and retrieval" beschrieben, sondern in den bewegten Bildern theatralischer Performativität.

Diese Entwicklung läßt sich an den Veränderungen ablesen, die das User-Interface in den letzten 15 Jahren durchlaufen hat:

Bis in die Mitte der 80er Jahre war die Benutzerführung alphanumerisch orientiert: Es wurden Kommandozeilen eingegeben – wie hier etwa beim Betriebssystem MS-DOS (das Microsoft 1980 von dem Ingenieur Tim Paterson für 50000 kaufte, taufte und damit ein Vermögen machte):

GT 000: DOS-Oberfläche

 

Mit dem Apple Macintosh wurde 1984 das Direct Manipulation Interface populär: Mausgesteuerte Interaktionen mit grafischen Objekten ("See-and-Point" principle) ersetzten das Eintippen der Kommandozeilen.

GT 001: Mac-Desktop

 

Die Desktop-Metapher aber erweist sich als zunehmend inadäquat, um die rasant gestiegenen Datenmengen überschaubar zu halten. Auf manchen Desktops sieht es heute so aus:

GT 002: Überfüllter Mac-Desktop

 

Neuere Interface-Techniken gehen deshalb dazu über, mittels 3-D-Visualisierung eine räumliche Navigationsumgebung zu simulieren. Ein Vorläufer dieser Technik ist das in den späten siebziger Jahren von Nicholas Negroponte am MIT entwickelte Spatial Data Management System (SDMS) – hier eine skizzenhafte Darstellung:

GT003: Negroponte (1976): Spatial Data Management System

 

Es erlaubte dem Benutzer, wie in einem Cockpit per Joystick verschiedene Informationstypen anzusteuern, die auf Projektionswänden abgebildet und in abgestuften Tiefendimensionen zoom-artig variiert werden konnten, so daß der Eindruck entstand, durch ein sogenanntes "Dataland" zu navigieren.

Inzwischen haben Hypermedien wie Hypertext, Hypercard und HTML, die Ursprache des World Wide Web, diesen Navigationstyp in zweidimensionaler Form realisiert. Die dritte Dimension – der "Hyperspace" – ist dabei zwar als Datenstruktur präsent, aber optisch nicht evident. Man geht zwar "in" einen Ordner oder eine "tiefere" Ebene, aber das wird bestenfalls durch überlappende Fenster oder dergleichen angedeutet.

GT 004: Struktur zeigen

 

Die Tiefenstruktur einer Web-Site ist so organisiert, daß von übergeordneten in untergeordnete Verzeichnisses Verknüpfungen, sogenannte Links gesetzt werden können. Im Browser sieht das dann so aus:

Wechsel zu Homepage, Beispiel Klicks Durch Hierarchie

 

Seit einigen Jahren etablieren sich auch auf dem Internet Verfahren der 3-D-Visualisierung: vektorisierte Kartographien wie Hyper-G, XSpace oder VRML, die mit jeder Mausbewegung den Bildraum variieren – hier als Beispiel meine Web-Site in einer  XSpace-Oberfläche:

Flugsimulator aufrufen: denselben Text ansteuern

 

Mit solchen Mitteln wird heute versucht, die Zahl der Gedächtnisorte zu steigern, ohne Desorientierung hervorzurufen.

Aufrufen: Lara Croft

 

Dieser Übergang von der zweidimensionalen zur dreidimensionalen Darstellung geht einher mit einem Paradigmenwechsel in der Mensch-Maschine-Kommunikation: Vom Paradigma des Abrufs passiv gespeicherter Daten zu dem der interaktiven Navigation in dynamisierten Handlungswelten. Das Information Retrieval, das bisher auf dem Prinzip der Speicherung und Wiedereinschaltung von Daten basierte, nimmt die Form des Adventure Games an – hier zum Beispiel in der populären Variante von Lara Croft – die ja bekanntlich eine Archäologin ist, und dabei unter anderem eine venezianische Bibliothek durchstöbern muß.

Umsehen in Bibliothek, bücken nach Buch

 

Eine der ersten theoretische Publikation zu diesem Paradigma-Wechsel im Interface-Design ist das Buch Computers as Theatre von Brenda Laurel aus dem Jahr 1990.

Laurel, die selbst in der Spieleentwicklung bei Atari tätig war, generalisiert ihre Erfahrungen zu einer historischen Perspektive:

Sie beschreibt das neue Interface-Design als gar nicht so neu, sondern im Grunde uralt: Laurel rekurriert auf die griechische Tragödie als Ur- und Vorbild der interaktiven 3-D-Navigation.[3] Dabei geht es ihr um die Betonung des performativen gegenüber dem kognitiven Aspekt, den wir bisher mit Computern zu assoziieren gewöhnt waren. Das Spezifikum von Computern besteht ihr zufolge weniger darin, Wissen zu repräsentieren als Handlungen, an denen Menschen partizipieren. Die Mensch-Maschine-Interaktion, fordert sie, müsse ähnlich wie in der Aufführungspraxis der griechischen Tragödie alle Lebensaspekte bis hin zur spirituellen Erfahrung einbeziehen.[4]

[5]

Wie sachhaltig ist ein solcher Vergleich?

Die enthusiastischen Kommentare von Laurel legen den Verdacht nahe, daß dabei auch Wunschdenken im Spiel ist. Man will endlich aus der Literalität der Gutenberg-Galaxis ausbrechen und aufbrechen zur sekundären Oralität, Visualität und Taktilität der Turing-Galaxis. Das hat zweifellos auch eine kompensatorische Funktion.

Ich will hier auf die Frage, inwieweit es sich bei dem von Laurel bemühten Vergleich tatsächlich um eine Wiederkehr historischer Phänomene oder eher deren Parodie, das Satyrspiel nach der Tragödie handelt, nicht weiter eingehen. Festgestellt sei nur, welche Technologie dem postulierten Partizipationserlebnis entgegenkommt: Es ist ein Interface Design, das den Nutzer immersiv mit dem Geschehen im Cyberspace verschmelzen läßt. Brenda Laurel spricht lapidar vom "vanishing interface". Mit dem Sprichwort"Whoever discovered water […] certainly wasn't a fish" erinnert sie uns daran, daß ein Medium dann die perfekte Umwelt für uns ist, wenn wir es als solches gar nicht bemerken.[6]

Die Metapher macht deutlich, worum es geht: Der User soll "eintauchen" in die virtuelle Welt und dabei deren Medialität vergessen. Das läßt sich an unserem Beispiel gut demonstrieren: Auch Lara Croft kann tauchen wie ein Fisch –

Lara im Kanal, unten lassen

 

und gerade weil sie so schön suggestiv schwimmt, gerät das Medium, in dem sie sich tatsächlich bewegt – eben die computertechnische Animation eines Bildschirms – in Vergessenheit. Der Ehrgeiz der Programmierer geht dahin, die Trennung zwischen dem Akteur im Bild und dem Akteur vor dem Bild zum Verschwinden zu bringen – man taucht selber ein (ich werde später dazu Beispiele bringen).

Für Adventure Games mag das eine faszinierende Perspektive sein. Aber gilt sie auch für andere Formen der Computernutzung, sagen wir: für wissenschaftliche Arbeiten über Adventure Games?

Als Instrument der Forschung halten wir inszenatorische Elemente  eher für störend. Zwar ist das Vergessen der Medialität von Buch oder Computerscreen auch beim Recherchieren, Lesen oder Nachdenken das Maß geistiger Versenkung. Doch diese Art der Situationsvergessenheit wird nicht durch gesteigerte Performativität der Datenpräsentation erreicht, sondern durch deren Unbeweglichkeit, die zu attentiven Tunneleffekten führt. Die Verhältnisse kehren sich hier gegenüber dem von Brenda Laurel favorisierten Computertheater um: Unsere geistige Lebendigkeit nimmt ab, je mehr das Leben auf dem Bildschirm zunimmt.

Andererseits wäre es ein Irrtum zu glauben, daß irgendeine Software zur Textverarbeitung oder Datenbankrecherche frei von inszenatorischen Elementen sein könnte, die die Form der dargebotenen Informationen und damit auch den Prozeß ihrer Rezeption beeinflussen. Viel Illusionsarbeit muß von Programmierern geleistet sein, damit überhaupt nur eine "Kommandozeile", ein "Verzeichnis" oder gar ein "Fenster" auf dem Bildschirm erscheinen können.

Quit Lara, zeigt Mac-DT

 

So unterliegen auch die referierten Standards der DOS- und Mac- bzw. Windows-Oberflächen in ihrer Gestaltung bestimmten kulturell bedingten Metaphorisierungen. Diese Metaphorisierungen lassen sich ebenfalls auf historische Vorläufer zurückführen – die User Prompts bei MS-DOS etwa auf die Anfänge der Schriftkultur, die – unter Wegwendung von oralen und piktoralen Formen der Kommunikation – in der zeichenhaften Archivierung bestanden.

GT006a:  (<1984): MS-DOS Benutzeroberfläche – Keilschrift

 

Die Einführung von Desktop-Icons entspricht der Erfindung der topographischen Gedächtniskunst.

GT006b: Tessler (1984): Apple Desktop Interface – Abtei-Memorialsystem

 

Dieser Vergleich wird heute vielfach aufgegriffen – unter anderem von Nicholas Negroponte – allerdings mit anderen Konsequenzen.[7] Demnach gibt es eine memetische Verwandtschaft zwischen Simonides von Keos, dem angeblichen Erfinder der antiken ars memoria und Steve Jobs, dem angeblichen Erfinder des Macintosh User Interface.[8] Zumindest läßt sich sagen, daß durch Jobs die alte Erkenntnis, daß bildbasierte Topiken die höchste mnemotechnische Effizienz aufweisen, für den Computermarkt erneuert wurde. Daß es sich dabei um eine historische Reprise handeln könnte, ist von Apples Human Interface Group meines Wissens niemals reflektiert worden. Doch die von ihr entwickelten Human Interface Guidelines[9] könnten durchaus der rhetorischen Überlieferung entlehnt worden sein:

So erinnert das topographische "See-and-Point"-Prinzip mit seiner Forderung nach "Consistency" an die alten loci et imagines :

Konsistenz am Desktop zeigen

 

Arbeitspsychologische Untersuchungen belegen, daß mit diesen Prinzipien eine wesentlich bessere Erlernbarkeit von Betriebssystem und Programmen ermöglicht wird.[10]

Doch der Macintosh-Desktop war für eine relativ kleine, überschaubare Datenmenge konzipiert. Heutige Personal Computer mit ihren um ein Vieltausendfaches gestiegenen Speicherkapazitäten, stellen ungleich andere Anforderungen an eine mnemonisch sinnvolle Präsentation.

Es evident, daß bei der explosiven Zunahme an adressierbaren Speicherorten die Memorialarchitektur der Desktop-Metapher aus den Fugen geraten muß.

GT006c: Tessler (1984): Apple Desktop Interface –  Romberch (1533):  Abtei-Memorialsystem

 

Und wenn wir in unserer historischen Analogie bleiben, dann entspricht die heutige Situation jener Phase, in der auch die klassischen Gedächtnispaläste der Antike durch die Menge des aufgezeichneten Wissens nach und nach gesprengt wurden. So mag sich der heutige PC-User angesichts der Überfülle der auf seinem Desktop verschachtelten Gedächtnisorte dem Heiligen Augustinus nahe fühlen, der zu berichten wußte von mühseligen Exkursionen in seine memorialen "Felder, Höhlen, Buchten ohne Zahl, unzählig angefüllt von unzählbaren Dingen jeder Art."

"manches läßt sich länger suchen, und gleichsam aus entlegenen Kammern wird es erst hervorgezogen, manches stürzt sich im Schwall daher, und während doch anderes gefordert und gesucht wird, springt es mitten vor dich hin, als riefe es: Sind wir's vielleicht? Und ich scheuche es […] weg […] , bis sich entwölkt, was ich will, und aus dem Versteck hervortritt in die Sichtbarkeit."[11]

Augustinus antizipierte auch schon die Lösung des Problems. Sie entspricht dem an der heutigen Interface-Entwicklung demonstrierten Perspektivenwechsel vom fixierten Standort innerhalb der klassischen Memorialarchitektur, die die einzelnen Gedächtnisorte abschreitet,[12] hin zur freien Bewegung im Raum:

GT006d:  (1997): XSpace  )– Abb. aus Belting S. 178

"durch alles dieses laufe ich hin und her," schrieb Augustinus, "fliege hierhin, dorthin, dringe vor, so weit ich kann, und nirgends ist Ende"[13]

 

Der Medientheoretiker Erik Davis fühlt sich, wie er in seinem Aufsatz Techgnosis, Magic, Memory, and the Angels of Information schreibt angesichts dieser augustinischen Passagen an Gibsons "Cyberspace" erinnert.[14]

Freilich sind die Gedächtnisinszenierungen in den Confessiones wie im Neuromancer Fiktion. Doch es gibt in der Vergangenheit wie in der Gegenwart parallele Versuche, dieser Fiktion tatsächlich näher zu kommen. Diese Versuche haben ihren historischen Angelpunkt in einem Typ von Theater, den wir dem von Brenda Laurel favorisierten kontrastierend an die Seite stellen möchten: das Gedächtnistheater des Giulio Camillo.

GT007: Titelseite von Camillo (Wenneker)

 

Camillos Intention war, wie wir seinem kleinen Traktat L'idea del Theatro[15] und zeitgenössischen Berichten entnehmen können, eine Reanimation der Gedächtniskunst im Geiste des Neuplatonismus.

Inwieweit er dabei an die mittelalterliche memoria anknüpfen oder diese selbst als scholastisch erstarrte transzendieren wollte, ist eine der zentralen Fragen zur historischen Einschätzung Camillos. Ich erinnere daran, daß Jan-Dirk Müller bei der Begehung die skeptische Frage stellte, ob Camillos Thater wirklich innovativ sei oder nur "eine der "letzten Zuckungen" der mittelalterlichen ars memorativa. Auch Horst Wenzel hat ja mit überzeugenden Gründen dargelegt, daß für die mittelalterliche Bildwahrnehmung die Dimension der Bewegung in der Zeit konstitutiv sei, und zwar nicht die Bewegung des Objekts, sondern die des Betrachters – er denkt dabei etwa an die Kreuzwegandacht, die Giotto-Fresken in Assisi oder den Lettner des Naumburger Doms, die sich alle in ihrer vollen Bedeutung nur einem bewegten Betrachter erschließen.[16] Auf der anderen Seite muß man sicher differenzieren zwischen performativen Inszenierungen etwa der mittelalterlichen Liturgie und dem gelehrten Diskurs, der in schriftgebundener Form die von den römischen Rheorikern offengehaltenen Freiheiten der Imagination zugunsten eines scholastischen Repertoires von Quaestiones, Tugend- und Gebetlisten diszipliniert hatte.[17]

Ich lasse diese Frage nach der historischen Einschätzung vorerst offen und stelle nur fest, daß es erkennbar Camillos Intention war, durch eine Verbindung von ars combinatoria und ars memoria eine assoziativ-dynamische, auf Vitalisierung zielende Reanimation des in Buchmetaphern kanonisierten Speichergedächtnisses[18] zu erreichen.

Zu diesem Zweck ging Camillo – wie die heutigen Interface-Designer – in die dritte Dimension: Er verlegte den Schauplatz der ars memoria von den tradierten Schatzhäusern (thesauri) und Gedächtnispalästen in ein Theater. Wie dieses Theater ausgesehen hat, wissen wir nicht. Es gibt nur Mutmaßungen.[19]

Viglius spricht von einem Amphitheater – wahrscheinlich ist, daß es die Form des vitruvianischen Theaters hatte:[20]

GT008: Palladio (1556): Rekonstruktion des vitruvianischen Theaters

 

Die Zuschauer sitzen hierbei auf gestuften Rängen, halbkreisförmig zentriert um die Orchestra, dahinter befindet sich die rechteckige Scena.

Wie das aber genau umgesetzt wurde, um statt Zuschauern Memorabilia darin unterzubringen, läßt sich nur erahnen. Es gibt spätere Nutzungen halbkreisförmiger Amphitheater, bei denen ebenfalls eine solche Umkehrung der Rollen von Zuschauern und Darstellern vorgenommen wurden – vielleicht sogar angeregt durch Camillo. Hier z.B. ein "Theatrum Mundi", das für den Einzug Erzherzog Ernsts in Antwerpen 1594 gebaut wurde:

GT009: Theatrum Pacis 1594

 

Die Ränge waren mit allegorischen Skulpturen besetzt, während die Zuschauer von der Arena aus die Ränge emporblickten.[21]

Bei Camillo waren die Ränge von allegorischen Abbildungen besetzt, die zugleich röhrenartige Öffnungen für Schriftrollen besaßen. Hier die Rekonstruktion nach Wenneker (1970):

GT010: Camillo - Rekonstruktion nach Wenneker

 

Als solches Schränkchen ist das aber vermutlich zu klein gedacht, da Viglius berichtet, zwei Personen hätten darin stehen können. [22]

Ich lasse die Frage nach der architektonischen Form beiseite und orientiere mich an der schematischeren Darstellung von Yates:

GT012: Camillo - Rekonstruktion nach Yates (Pano)

Das Halbrund der Zuschauerränge ist horizontal in sieben Segmente aufgeteilt, die nach den sieben Planeten benannt sind, und vertikal in sieben Ränge mit Bögen oder Toren gestuft, auf denen verschiedene mythologische Bilder ihren Rang anzeigen – von unten nach oben (im Pano zeigen):

 

1. die Symbole der Planeten,

2. Bilder mit einem "Bankett" (nach der homerischen Erzählung von einem Götterbankett des Okeanos),

3. Bilder einer "Höhle" (homerische Nymphenhöhle, die die Mischung der Elemente anzeigt)

4. Bilder der "Gorgonen-Schwestern", die den inneren Menschen symbolisieren

5. Bilder von "Pasiphae mit dem Stier", die den menschlichen Körper bedeuten

6. Bilder von "Merkur, der die Sandalen anlegt": ein Zeichen für die Tätigkeiten, die dem Menschen auf natürliche Weise zufallen

7.     Bilder von "Prometheus mit einer brennenden Lampe" als Zeichen für die schönen Künste.

 

Jeder dieser Ränge nimmt nun entsprechend seiner Kombination mit den sieben Planten unterschiedliche Bedeutungen an. Ich nehme als Beispiel nur den Höhlenrang im Saturn-Segment:

Saturn-Segment

 

Wir erhalten hier weitere Verweise, die sich aus der Kombinatorik ergeben: Ein Bild der Kybele z.B. weist darauf hin, daß dieses Teilsegment dem Erdelement zugeordnet ist; und ein Bild mit den Tierköpfen von Wolf, Löwe und Hund, deutet auf die drei Menschenalter – ein Emblem, das Camillo von Tizians Allegorie der Zeit übernommen hat:

GT015: Tizian (1565-70): Allegorie der Zeit, regiert von der Klugheit

 

Wir können das hier nicht weiter vertiefen, sondern treffen nur zwei allgemeine Festellungen über Camillos Verhältnis zur antiken ars memoria:

Camillo-Gesamtansicht

 

1. Die klassische Gedächtniskunst wird von seiner Topographie einerseits aufgegriffen, andererseits in hermetisch-kabbalistischer Kostümierung kombinatorisch erweitert. Damit ließ sich die Effizienz der antiken Memorialarchitekturen bedeutend erhöhen. Viglius Zuichemus, der das Privileg hatte, das geheimnisumwobene Theater besichtigen zu dürfen, schreibt an Erasmus:

"Er gibt jeder einzelnen Figur und jedem Ornament seinen Platz, und er zeigte mir eine solche Menge Papier, daß ich, obwohl ich immer gehört hatte, daß Cicero die Quelle der reichsten Beredsamkeit sei, wohl kaum gedacht hätte, daß […] aus seinen Schriften solche Massen zusammengetragen werden könnten."[23]

 

2. Das "Schauspiel", das Camillo dabei zur Aufführung bringt, setzt sich von der Topographie des neoklassischen Theaterbaus insofern ab, als diese bei ihm invertiert ist: Der Besucher steht auf der Bühne und blickt in den Zuschauerraum, der nicht nur ob seines abgestuften Halbrunds geeignet ist, die Gedächtnisbilder übersichtlich unterzubringen, sondern auch das Gefühl vermittelt, von den Memorabilia angeblickt zu werden. Dies bringt ihn in eine Haltung der Selbstreflexion.

Wenn wir das nun mit der Geschichte der neueren Interface-Technik vergleichen, so läßt sich zumindest für den ersten Punkt eine deutliche Parallele ziehen: Hier wie dort eine kombinatorische Vervielfältigung  der Gedächtnisorte angestrebt.

Dies natürlich nicht in hermetischer Kostümierung – es gibt keine verbindliche Metaphysik der Datenordnung mehr, wie sie das Mikrokosmos-Makrokosmos-Schema vorgab. Suchmaschinen im Internet etwa, die ihre Inhalte in semantischen Netzen ausgeben, produzieren oft lächerlich pseudokonsistente Resultate:

Suchergebnis in Systematik

 

Aber auch schon Camillos Datenordnungen wurden von den Zeitgenossen als Kolportage empfunden. Schon zu seiner Zeit gab es Polemiken, die sein Theater den großen Werken der Rhetorik seiner Zeit gegenüberstellten und befanden, seine Konstruktion sei – wie Eugenio Garin ausdrücklich notiert – nur "die Parodie von allem, was die Renaissancetheoretiker auf strenge Weise versucht hatten".[24] Erasmus nannte ihn schlicht einen "Quacksalber".[25]

Das schlägt den Bogen zu den Datengurus unserer Tage, die mit vollmundigen Verheißungen von den Segnungen eines totalen künstlichen Gedächtnisses durch die Lande ziehen, wie zum Beispiel Ted Nelson, der Schöpfer der Begriffe "Docuverse" und "Hypertext", der folgende Vision entwickelt:

GT017: Horn (1989): Heading into Future Information Landscapes

"Universal or grand hypertext […] means […] an accessible great universe of linked documents and graphics […] . This is an idea many people now share – the idea that we can get to everything, add to everything, keep track of everything, tie everything together, that we can have it all."[26]

 

Hier geht es nicht mehr um profanes Information Retrieval, das funktionale Zuordnen und Abrufen von Speicheradressen. Hier geht es um die magische Anziehungskraft einer Omnipotenzphantasie: die Verfügung über das gesamte Weltwissen.

Auch in spiritueller Hinsicht also gibt es eine Verbindung zu der hermetischen Kombinatorik des "göttlichen Camillo" – wie ihn seine Zeitgenossen nannten[27] .

Vorwärts zu Camillos Theater

 

Sein Theatermodell versetzt den Besucher in die Position des Weltenschöpfers: Durch die Reproduktion des göttlichen Makrokosmos im menschlichen Mikrokosmos wird dieser – vermittelt über okkulte Zeichen – zum alter deus, der die ganze Welt in seinem Gedächtnis hat und somit beherrscht. Das wußte Camillos Mäzen, der französische König, gewiß zu schätzen.

Nun gehört es aber zum Traum von der totalen Enzyklopädie, daß er ein Traum bleiben muß. So ist es bemerkenswert, daß Camillos Idea del Theatro ihre "Enthüllung" mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Schweigens über göttliche Geheimnisse beginnt. Zweifellos profitierte sein Nimbus davon, daß er nur ausschnitthaft zu erkennen gab, wie sein Theater beschaffen war.[28] Ja womöglich ist es nie fertiggeworden – denn die Idea del Teatro, die er kurz vor seinem Tode, also im Rückblick auf jahrzehntelange Konstruktionsarbeiten diktierte, im Futur abgefaßt hat – als sei das eigentliche Gedächtnistheater erst noch zu bauen. Unvollendbarkeit ist aber hier nicht ein Manko, sondern ein Surplus; sie mindert nicht, sondern verstärkt das Mysterium.

zurück zu Horn

 

Auch die Hypermedien verdanken ihre Aura als pan-mnemistisches Dokuversum dem Sfumato einer diffusen Datenpräsentation, die ob ihrer Unabgeschlossenheit das Ahnungsvermögen anregt und so jenes Gefühl überschwenglicher Raumerfahrung entstehen läßt, von dem passionierte Web-Surfer erfüllt sind. Der notwendig begrenzte Bildschirmausschnitt verstärkt das noch durch seinen Peephole-Effekt; auch er nährt die voyeuristische Phantasie, daß noch unendlich Spannenderes und Aufregenderes zu entdecken sei als man faktisch vor Augen hat.

Für den ersten Vergleichspunkt lassen sich also manche Belege anführen, doch wie sieht es mit dem zweiten aus?

Vorwärts zu Camillos Theater

 

Die prinzipiellen Differenzen treten hervor, wenn man das Kriterium der Inversion von Camillos Theater heranzieht: Was Camillo von den heutigen Cybernauten unterscheidet und ein Licht auf die möglicherweise ungenutzten Potentiale des digitalen Gedächtnistheaters wirft, ist die Tatsache, daß seine Datenkonstruktion stets als Theater in Erscheinung tritt. Die Orte und Bilder schauen gleichsam den Betrachter an, der sich so als Akteur der Informationsinszenierung erfährt. Es sind imagines agentes, aktive Bilder, nicht – wie manche meinen –, weil sie eine Szene aufführen, sondern weil sie die Vorstellungskraft dazu anregen, selbst inszenatorisch tätig zu werden.[29] ausdrücklich betont Camillo sein Anliegen, "eine Ordnung in diesen umfassenden und untereinander verschiedenen sieben Maßeinheiten zu finden, die den Geist aufmerksam erhält und das Gedächtnis erschüttert."[30] Die technische Realisierung der Bildaktivität in der Computeranimation hingegen wird nicht reflexiv, sondern reflexartig wahrgenommen, sie erschüttert das Gedächtnis nicht, sondern konditioniert es.

Navigationsbild von art+com, starten

 

Während der Theaterraum Camillos, gerade weil er sich als geschlossener Raum präsentiert, der dazu anregt, ihn zu transzendieren, hindern die digitalisierten Formen der 3-D-Visualisierung den Datenreisenden an der Einsicht, daß er sich auf rechnerisch festgelegten Transitstrecken befindet.

Je perfekter die Navigation im virtuellen Raum simuliert wird, je mehr also das Prinzip des "Vanishing Interface" sich durchsetzt, desto weniger gibt es Anlaß, durch imaginative Ergänzungsleistungen den Prozeß der Informationsbeschaffung aktiv zu gestalten – der Cybernaut wird zum pseudomobilen, passiven Datenkomsumenten.

 

Die technikgeschichtliche Wende, die diesen grundlegenden Unterschied der Rezeption bei oberflächlicher Ähnlichkeit der Präsentation herbeiführt, läßt sich sinnfällig machen am Wechsel der Panoramatechnik zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Wie Jonathan Crary betont, findet hier eine entscheidende Umkehrung der Betrachtertechnik statt:

GT018: Barker (1801): Panorama-Rotunde am Leicester Square

In die alten Panoramen (etwa das berühmte Londoner von 1791) ging man hinein.(Besucher zeigen)

GT019:  (1823): Das Londoner Diorama

 

Im Diorama von 1823 wurden die Betrachter dann fixiert und das Panorama drehte sich um sie herum.[31]  (zeigen)

Die Aktivität des Rezipienten wurde damit buchstäblich stillgestellt. Entsprechendes gilt unseres Erachtens auch für den Unterschied zwischen dem Gedächtnistheater Camillos und den animierten VR-Szenarios heutiger Computerschnittstellen.

GT020: Barker (1792/93): Panorama von London in QT

 

Auch in Camillos Theater ging man hinein und bewegte sich aktiv zwischen den Memorabilia, während der Computermaus-bewehrte Wissensnavigator zum Stillhalten vor dem Screen verurteilt ist.

Freilich kann man die alten Verhältnisse am Computer nachahmen:

Navigieren im QT-Pano

 

Doch nur scheinbar handelt es sich bei dieser Umsetzung in QTVR um dieselbe Bildinformation: Ob ich mich in einem Panorma bewege oder dieses um mich herumfahren lasse, macht einen Unterschied ums Ganze – die Eigenbewegung wird an den Apparat abgetreten.

Im Unterschied zu Crary nehmen wir diesen Unterschied allerdings nur als einen metaphorischen. Um den Geist zu mobilisieren, bedarf es nicht notwendig einer körperlichen Bewegung (daß die Peripatetiker ambulando philosophiert hätten, ist bekanntlich ein Gerücht). Das Stillsitzen vor dem Screen muß nicht abgeschafft werden, um eine mentale Mobilität im Sinne Camillos zu erreichen. Entscheidend ist die Ausrichtung der inneren Bewegung: Bei der Computeranimation geht sie einsinnig auf den Konsum des Objekts, bei Camillo rückbezüglich auf dessen Reflexion durchs Subjekt. Die Inversion seines Theaters macht das sinnfällig. Sie bedeutet, daß Camillo schon dem klassischen vitruvianischen Theater gegenüber eine Umkehrung jener Wende vollzog, die Crary mit dem Diorama überhaupt erst einsetzen läßt. Camillo steht damit nicht nur zu den Memorialarchitekturen der antiken Tradition in kritischer Distanz, sondern auch zu den Gedächtnistheatersystemen, die unmittelbar nach ihm entwickelt werden. So gibt es im späteren 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Fülle von enzyklopädischen Werken, die sich Theatrum nannten – Mummenhoff vermutet,

"Camillos L'Idea war ein Prototyp und möglicherweise sogar einer der Auslöser".[32]

GT021: Fludds GT

Aber im Gegensatz etwa zu Werken wie[33] demTheatrum orbi  (1619) in Robert Fludds Ars Memoriae, wo der Besucher wieder auf die Bühne blickt (hier bei Fludd die des elisabethanischen Theaters), bleibt das Besondere an Camillo die Inversion des Blicks.

Unsere Frage lautet daher: Kann Camillos Gedächtnistheater durch diese Umwendung vorbildlich sein für ein Reflexivwerden digitaler Inszenierungen von Information?

Es gibt im Bereich der Netzkunst wie auch der experimentellen Forschung vereinzelte Ansätze, die das nahelegen – meist in impliziter, bisweilen aber auch expliziter Anspielung auf Camillo. Hierzu möchte ich Ihnen abschließend einige Beispiele zeigen. Sie deuten darauf hin, daß eine Anamnesis der von Computern präsentierten Daten nicht durch das von Brenda Laurel postulierte Verschwinden des Interface, sondern konträr durch dessen Rückspiegelung auf den Betrachter gefördert wird:[34] Das Medium wird als solches autoreferentiell bewußt gemacht.

Für den Übergang von der analogen zur digitalen Camillo-Rezeption heute ist es bezeichnend, daß sich in ihm die "panoramatische Wende" wiederholt. Um das zu verdeutlichen, unterscheiden wir bei den neueren künstlerischen Gedächtnistheatern zunächst zwischen

• realen Rauminstallationen (ob mit oder ohne Computer), in denen der Betrachter sich physisch bewegt,

• und virtuellen Räumen, durch die sich ein standortfixierter Betrachter navigiert.

Die Werkbeschreibungen müssen wir hier sehr kurz halten; es geht erst einmal nur um einen Überblick

GT022: Viola (1985): Theatre of Memory

 

1.) Zur ersten Gruppe gehört Bill Violas skulpturale Videoinstallation The Theatre of Memory  aus dem Jahre 1985:

Der Betrachter bewegt sich um einen entwurzelten Baum, an dem fünzig flickernde Laternen hängen. Geräusche von elektrostatischen Entladungen und aufblitzende Bilder kommen von einem Großbildschirm. Unterbrochen von Phasen der Stille scheinen diese Töne und Bilder immer wieder durchdringen zu wollen, werden aber niemals klar. Der einzige konstante Ton ist der eines kleinen Windglockenspiels, der an einem der Zweige hängt. [35]

Wir haben es hier mit einer selbstreferentiellen Exposition von Gedächtnisvorgängen zu tun: Das neuronale Geschehen in unseren Köpfen wird nach außen projiziert und als Environment erfahrbar gemacht. Die Unklarheit und Unschärfe der Bilder verdeutlicht die Tatsache, daß unser episodisches (=subjektives, biographisches) Gedächtnis auf fehlbaren Konstruktionen (und nicht etwa auf dem Abrufen aus einem festen Speicher) beruht. Zugleich regt diese Art der Datenpräsentation die Imagination des Rezipienten an, der das unvollständig Dargebotene nach Maßgabe eigener Erinnerungsbilder ergänzt.

Während bei Bill Viola, die Anspielung auf Camillo, mit dem er sich auch theoretisch beschäftigt hat[36] , indirekt – allein durch den Titel evident – bleibt, hat sich der folgende Künstler unmittelbar an Camillos Vorgaben orientiert: Das Memoriatheater von Mikael Thejll aus dem Jahre 1993:

GT023: Thejll (1993): Anatomisches Theater und Memoriatheater

 

Man erkennt die Theater-Form Camillos mit ihren halbkreisförmig angeordneten Segmenten und Rängen (hier fünf statt sieben). Die Anspielung auf das anatomische Theater gibt es schon bei Camillo – entsprechend der für die Renaissance typischen Anschuung des Kosmos als Körper.[37] Diese Anschauung ist hier freilich entfremdet: aus ihrem hermetischen Kontext herausgenommen, wirkt sie steril – und in der Konnotation mit dem anantomischen Theater erscheint sie als leblos, unwiederbringlich vergangen – und apelliert gerade dadurch an die historische Erinnerung.

Ein drittes Beispiel für ein künstlerisches Gedächtnistheater, durch das sich der Betrachter körperlich hindurchbewegt, ist die bis vor kurzem im Hamburger Bahnhof ausgestellte Installation von Arnold Dreyblatt Aus den Archiven

GT 024: Titelbild Dreyblatt

 

Auch hier muß der Betrachter sich aktiv hindurchbewegen:

Lageplan (Bewegung anzeigen)

 

Es handelt sich um ein abgedunkeltes Labyrinth. Er folgt zunächst einem dunklen Korridor, an dessen Ende ein Licht schimmert

Korridor

 

Beim Näherkommen erweist es sich als Mikrofilm-Präsentation von Archivdaten

Mikrofiche

 

Der nächste Raum heißt "ReCollection":

ReCollection – 1

 

Er wird im Zentrum durch eine Rotunde aus Drahtgitter beherrscht, auf die Computerdaten aus dem Who's Who in Central and Eastern Europe projiziert werden.

ReCollection – 2

 

Einzelne Begriffe daraus werden von zwei Suchmaschinen ausgewählt, markiert und abwechselnd von einer Frauen- und einer Männerstimme per Soundsystem vorgelesen.

ReCollection – 3

 

Es ist Dreyblatts ausdrückliche Intention, daß die Besucher sich "wie in einem 'Gedächtnistheater'" fühlen, ein Eindruck, der durch die proszeniumsartig angeordneten Stufen ringsum unterstützt wird.[38]

(zeigen: Sitzbänke)

GT024g: Dreyblatt (1999): Aus den Archiven - artificial memory  (2)

 

"Im nächsten Raum, artificial memory überschrieben, erstreckt sich entlang der Wand ein Regal, auf dem eine zwanzig Meter lange Schriftrolle liegt – von hinten auratisierend beleuchtet.

GT024i: Dreyblatt (1999): Aus den Archiven - artificial memory  (6)

 

In dem schier endlosen, ab und an durch Fotografien unterbrochenen Text hat Dreyblatt über Jahre hinweg gesammelte Dokumente und Fachliteratur zum Thema Archiv und Archivierung verarbeitet.

Nächstes Bild

 

Die Informationen stammen aus digitalen Medien, Inhalt der Dokumente ist die Diskussion um die Konservierungsmethoden aller Arten von Daten."

Nächstes Bild
GT024k: Dreyblatt (1999): Aus den Archiven - T-Mail

 

Der letzte Raum, den Dreyblatt T-Mail nennt, konstituiert die Identität eines Menschen, des Geheimagenten 'T', aus Archivmaterial, das von Dritten über ihn angelegt wurde.

 

2.) Mit anderen technischen und wahrnehmungspsychologischen Voraussetzungen haben wir es bei der zweiten Gruppe von Gedächtnistheaterinstallationen zu tun: Es sind Projekte, die einen virtuellen Raum vor einem an Navigationsgeräten fixierten Betrachter über Computermonitore, Projektionswände oder Head Mounted Displays bewegen.

Die früheste Realisierung eines solchen Computer-Gedächtnistheaters ist Robert Edgars Memory Theater One von 1985:

GT025–33: Edgar (1985): Memory Theatre One -Skizze

 

Man sieht in dieser Skizze den architektonischen Aufbau:

– man startet in einem Atrium mit drei Türen,

– links ist eine Bibliothek,

– rechts ein "Additional Memory Room"

– und in der Mitte eine zweigeschossige Rotunde aus je zwölf Segmenten, die man durchlaufen kann, um dort emblematische Bilder und Texte zum Thema Gedächtnis zu erkunden. Das sieht dann so aus:

GT025–33: Edgar (1985): Memory Theatre One -Video

 

Das Programm wurde geschrieben für einen Apple II, den Vorläufer des Macintosh.

– Hier der Startvorgang, der ins Atrium führt

– Zur Steuerung dienen ein sogenanntes Koala-Pad oder solche Paddle, wie hier im Bild (Dank ans Computerspielemuseum!).

– Hier gehen wir gleich in die Rotunde...

– Mit jedem Raum ändert sich die Gestalt des Cursors, die Edgar "das Ego" nennt (hier als Halbmond und hier als Auge)...

– Mit Klicks auf eines der Paddle können die Texte abgerufen werden...

– Nun noch ein kurzer Besuch in einem der unteren Räume ……… die Grafikroutinen arbeiten langsam, was entweder Ungeduld produziert oder günstigenfalls eine kontemplative Anti-Zapping-Einstellung produziert

– die unteren Räume haben jeweils zwei Säulen und stehen in kombinatorischer Wechselwirkung mit den oberen Räumen

Detaillierte Vorstellungen gebe ich bei einer anderen Gelegenheit. Hier nur eine Bemerkung von Robert Edgar zu Frances Yates, die sich auch in der "Library" seines Theaters befindet. Edgar schreibt:

"Frances Yates, in her book The Art of Memory traces the development of that art from techniques of memorization used by the pre-literate Greeks, to coding systems for renaissance cosmologies. What, I wondered, would an art of memory be like today, when no cosmology can summarize even a single text?"

Seine Antwort ist, kurz gesagt, ein digitales Gedächtnistheater, das den Prozeß des Beschaffens und des Umgangs mit Informationen autoreferentiell in Schrift- und Bildelementen aufgreift und durch eine Art "episches Theater" den virtuellen Besucher zu einer Selbstreflexion seiner Situation veranlaßt.

Auch im World Wide Web haben die von Yates initiierten Untersuchungen über Camillos Theater zu digitalen Reaktualisierungen geführt, die an Brechts episches Theater erinnern.

GT050: Hrvatin (1998): The official Camillo Web Site

 

Hier als Beispiel die Web-Site des Kroaten Emil Hrvatin[39] , der entsprechendes Material sammelt und selbst an verschiedenen Projekten zu einer digitalen Neuauflage von Camillos Theater arbeitet – u.a. im Zusammenhang mit einer Camillo-Oper, die für 2001 am Mailänder Piccolo-Theater geplant ist:

Diese Web-Installation operiert mit Animationselementen, die sich vor dem am Monitor fixierten Betrachterblick bewegen, zum anderen konterkariert sie diese Bewegungsillusion aber mit Formen einer flächigen, plakativen Datenpräsentation, die einen selbstmotivierten, autonom selektierenden Akt des Lesens und Betrachtens fordern. So scheinen gerade Hypermedien wie das World Wide Web dazu prädestiniert, jene "Episierung" performativer Darbietungen zu vollziehen, wie sie Brecht für das traditionelle Theater intendiert hatte.

Während bei den bisherigen Installationen die Navigation im Gedächtnistheaterraum auf Maus- oder Joystick- gesteuerte Manipulationen eines Bildschirms – also LowTech – beschränkt bleiben, gibt es auch HighTech-Gedächtnistheater, die mit illusionistischen Mitteln den Betrachter in den virtuellen Bildraum versetzen. Sie greifen also einerseits die Immersions-Techniken des Vanishing Interface auf, versuchen aber andererseits diese Immersionserfahrung auf den Betrachter zurückzuspiegeln und so reflexiv zu machen.

Ein Beispiel hierfür ist die interaktive Installation Home of the Brain von Monika Fleischmann und Wolfgang Strauss in Zusammenarbeit mit art+com, die 1992 die Goldene Nica der ars electronica gewann.

Demo Home of the Brain

 

– Vier Häuser von vier Medienphilosophen werden als virtuelle "Gedankengebäude" in einer Datenlandschaft zur Navigation angeboten: Vilem Flusser, Joseph Weizenbaum, Marvin Minsky und hier: Paul Virilio…

– zwischen den Häusern befindet sich eine Datenlandschaft aus möbiusartigen Schriftbändern und kryptischen Zeichen, die an astrologische und kabbalistische Symbole erinnern…

–hier ein Besuch im Haus von Josph Weizenbaum…

– und hier Marvin Minsky…

Die Intention der Konstruktuere dieses virtuellen Gedächtnistheaters ist es, daß der mit Head Mounted Display ausgerüstete Besucher es "wie ein Schauspieler mit Leben füllt".

 

Eine technisch noch aufwendigere Installation, die das immersive Erlebnis auf die Spitze treibt ist Osmose von Char Davis (1997)

Demo Osmose

 

Der Besucher trägt nicht nur einen Datenhelm, sondern auch einen Brustpanzer, der die Atembewegung registiert: Holt er Luft, schwebt er an die virtuelle Oberfläche, atmet er aus, bewegt er sich nach unten. Ein ruhiger, meditativer Atemrhythmus wird also per Biofeedback ankonditioniert und soll ein "tranceartiges Befinden"[40] hervorrufen.

Auch hier ist es die Unschärfe, ein virtuelles Sfumato, das die Imagination des Betrachters anregen soll. Im übrigen bleibt es nicht bei der Immersion. Auch hier kommt die Genese des Artefakts selbstreferentiell ins Spiel:

– Zum einen durch die Visualisierung der 20.000 Zeilen Programmcode, die zu Säulen arrangiert in der künstlichen Welt zu besichtigen sind,

– zum anderen durch einen Raum, der mit Textfragmenten von Bachelard, Heidegger und Rilke gefüllt ist – im Unterschied zu Home of the Brain also von Denkern der vordigitalen Ära.

 

Es gäbe noch manche Installationen dieser Art zu nennen – etwa:

– Jeffrey Shaws Arbeiten Legible City (1988-91) und The Virtual Museum (1991),

– die Installationen Dialog with the Knowbotic South (19??) und Interactive Database (1993) von Knowbotic Research,

Netzhaut  von Joachim Sauter und Christian Möller (1994)

– und viele mehr.

Aus Zeitgründen beschränken wir uns auf ein letztes Beispiel, das unmittelbar auf die historischen Gedächtnistheater Bezug nimmt: Das Memory Theater VR von Agnes Hegedüs (1997):

GT 054: Hegedüs (1997): Memory Theater VR - Schaltplan

 

(Geht zurück auf die gemeinsame Yates-Lektüre mit ihrem Lebensgefährten Jeffrey Shaw, der in dem Werk auch zitiert wird)

"Mitten in einem Rotundenbau, auf dessen Halbrund Bilder projiziert werden, steht ein Sockel mit einem (Plexiglas-)Modell der Panorama-Architektur.

GT 055: Hegedüs (1997): Memory Theater VR - Modell

 

Der Betrachter bewegt (in dieser modellhaften Verdopplung des umgebenden Raums) frei mit der Hand einen kleinen Korpus, der eine große, halbrunde Projektion auf der gegenüberliegenden Wand steuert. Das Absenken des Korpus in vier Innensegmente des Modells ruft vier verschiedene Ebenen der Bildkomposition auf." – sogenannte "Rooms", die bestimmten Themen zugeordnet sind. Hier zum Beispiel "Fludd's Room":

GT 056: Hegedüs (1997): Memory Theater VR - Video Fludd

 

Hegedüs erklärte Intention ist es, dynamische Bezugssysteme intermedialer Natur zu schaffen, which "communicate back to the viewer"[41] . Damit greift sie jenes Moment der Inversion bei Camillo auf: Der Betrachter ist nicht einfach Konsument von Informationen, sondern wird von den präsentierten, emblematischen Daten veranlaßt, sich selbst eigene Erinnerungsbilder zu schaffen.

GT 057: Hegedüs (1997): Memory Theater VR - Still Fludd

 

Auch die digitalen 3-D-Visualisierungen führen also nicht per se zu einer Stillstellung des Betrachters; sie können durch künstlerische Mittel Anlaß einer erinnernden Selbstreflexion werden.

Das kann hier nicht weiter vertieft werden. Wir hoffen aber, auch mit dieser ausschnitthaften Übersicht gezeigt zu haben, daß

 

1. ein Vergleich der aktuellen Entwicklungen im Interface-Design mit den Gedächtnistheatersystemen der Renaissance nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern auf deutliche Parallelen – sowohl in funktionaler wie mentalitätsgeschichtlicher Hinsicht verweisen kann[42]

 

2. daß insbesondere Camillos Gedächtnistheater mit seiner Inversion der Perspektiven von Zuschauer und Darstellung ein normatives Kriterium für die Beurteilung heutiger Interface-Technologien bereitstellt – und zwar dergestalt, daß unterschieden werden kann zwischen einer konsumistischen und einer medial-selbstreflexiven Form der Inszenierung von Information

 

3. daß künstlerische Realisationen digitaler Gedächtnistheater in der Form ästhetischer Antizipation eine Idee davon vermitteln, wie auch unter den Bedingungen Neuer Medien dieses Kriterium der Selbstreflexion erfüllt werden kann.

 

Im weiteren Projektverlauf wollen wir

• die überblicksartig vorgestellten sowie weitere Gedächtnistheater einer detaillierten historisch-anthropologischen Analyse unterziehen

• normative Konsequenzen für den Umgang mit digitalen Informationsmedien formulieren

• und diese in Gestalt experimenteller Konstruktionen entsprechender Interfaces beispielhaft umsetzen.



[1] Vgl. Baars, Bernard J.: Das Schauspiel des Denkens; Stuttgart 1998.

[2] Vgl. zur Geschichte des Gedächtnisses am Leitfaden seiner Metaphern: Draaisma, Douwe: Die Metaphernmaschine. Eine Geschichte des Gedächtnisses; Darmstadt 1999.

[3] Laurel, Brenda: Computers as Theatre; Reading (Mass.) 1991, S. 38.

[4] "Recall that in the Greek theatre, actors were the priests of Dionysus, the god of ecstasy and rebirth, and during the act of performance they felt themselves to be in possession of the god […] . I think we can someday have Dionysian experiences in virtual reality, and that they will be experiences of the most intimate and powerful kind […] . But for virtual reality to fulfill its highest potential, we must reinvent the sacred spaces where we collaborate with reality in order to transform it and ourselves."

[5] Ebd., S. 196 f.

[6] , a.a.O., S. 210

[7] being digit., S. 135ff.

[8] Ich sage in beiden Fällen "angeblich", weil zum einen die Simonides-Überliferung der römischen Rhetoriker lediglich als Legitimationslegende anzusehen ist [vgl. Goldmann, Stefan: Statt Totenklage Gedächtnis. Zur Erfindung der Mnemotechnik durch Simonides von Keos. In: Poetica 21 (1989), S. 43–66] und zum anderen nicht Steve Jobs, sondern Lawrence Tessler von Xerox PARC die grundlegenden Elemente das Mac-Interface entwickelt hat. Nachzulesen in: Sculley, John (mit John A. Byrne): Meine Karriere bei PepsiCo und Apple; Düsseldorf Wien New York 1987, S. 168 f.#evtl. dazu das neue Buch#

[9] Apple Computer Inc.: Apple Human Interface Guidelines: The Apple Desktop Interface; Reading (Mass.) 1987.

[10] Vgl. etwa Altmann, Alexandra: Direkte Manipulation: Empirische Befunde zum Einfluß der Benutzeroberfläche auf die Erlernbarkeit von Textsystemen. In: A&O. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie Heft 3 (1987), S.108-114.

[11] Confessiones X, 8.

[12] Ad Her. III, XVII.

[13] Confessiones X, 17.

[14] Vgl. Davis, Erik: Techgnosis, Magic, Memory, and the Angels of Information. In: Dery, Mark (ed.): Flame Wars. The Discourse of Cyberculture; Durham London 1994, S. 29–61, hier S. 34 f.

[15] Camillo, Giulio: L' Idea del Teatro; Florenz 1550. Vgl. Camillo, Giulio: L' Idea del Teatro mit engl. Übersetzung. In: Wenneker, Lou Beery: An Examination of "L' Idea del Teatro" of Giulio Camillo; [Phil. Diss.] Pittsburgh 1970.

[16] #vgl. Editorial zur ZfG#.

[17] Vgl. Yates, S. 102ff. Dazu steht nicht im Widerspruch, was Horst Wenzel über den partizipatorischen Charakter der mittelalterlichen Memoria schreibt [Wenzel, Horst: Hören und Sehen. Schrift und Bild. Kultur und Gedächtnis im Mittelalter; München 1995.]

[18] Vgl. Draaisma, Douwe: Die Metaphernmaschine. Eine Geschichte des Gedächtnisses; Darmstadt 1999, S. 40ff.

[19] Beamer GT007: Fludd (1617): Machina Spiritalis

Giuseppe Barbieri glaubt, daß diese Form einer Rekonstruktion von Camillos Theater  nahekommt (Mummenhoff Abb. 30#Erläuterung dazu#).

 

[20] Ich übergehe hier die von Julia Mummenhoff [Das Gedächtnistheater des Giulio Camillo. In: Baumgart, Silvia u.a. Hg.: Denkräume zwischen Kunst und Wissenschaft. 5. Kunsthistorikerinnentagung in Hamburg, Berlin u.a. 1993, S. 177–198] und Lou Beery Wenneker [An Examination of  'L'Idea del teatro' of Giulio Camillo"; Pittsburgh 1970] erhobenen Einwände gegenüber der Rekonstruktion von Frances Yates, da sie für meine Argumentation unerheblich sind.

[21] vgl. Mummenhoff S. 71

[22] Giovanni Paolo Lomazzo – der einzige, der sich explizit in die Nachfolge Camillos stellte – nahm denn auch für seine Adaption folgende Form vor: GT011: Lomazzo (1590): Idea del Tempio della Pittura - schematische Darstellungen von Cassimatis und Barbieri

[23] Ebd., S. 124.

[24] Garin, Eugenio: Alcuni aspetti delle retoriche rinascimentali; Rom und Mailand 1953. Zitiert nach Rossi, Paolo: Clavis Universalis: arti della memoria e logica combinatoria da Lullo a Leibniz; Neuauflage Bologna 1983, S. 119, Anm. 8 (dt. Übersetzung nach einem Ts. von Karl Moormann).

[25] Epistola, a.a.O., Bd. 9, S. 479.#lat. Ausdruck#

[26] Zitiert nach Horn, Robert E.: Mapping Hypertext. Analysis, Linkage, and Display of Knowledge for the Next Generation of On-Line Text and Graphics; Waltham 1989, S. 259.

[27] Yates, a.a.O., S. 123.

[28] Vgl. Yates, a.a.O., S. 127.

[29] "Imagines agentes" heißen sie, weil es auffällige und insofern das Gemüt bewegende – statt "stumme und unbestimmte" ("non mutas nec vagas") – Bilder sind, wie die Rhetorica ad Herennium III, 37 klarstellt, und nicht, wie Schmidt-Biggemann schreibt, weil ihr Spezifikum das "Ausmalen einer ganzen Szene" wäre [Robert Fludds Theatrum memoriae. In: Berns, Jörg Jochen / Neuber, Wolfgang (Hg.): Ars memorativa. Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung der Gedächtniskunst 1400-1750; Tübingen 1993, S. 154–170, hier S. 157, ähnlich S. 156] .

[30] Übersetzung nach Mummenhoff, a.a.O., S. 182. Die Formulierung, daß das Gedächtnis "erschüttert" werden solle (wörtlich: "percossa"), unterstreicht den selbstreflexiven Charakter dieses Erinnerns im Sinne der platonischen Anamnesis, die ebenfalls mit einer Erfahrung der Erschütterung, nämlich der Aporie, einhergeht.

[31] Crary, Jonathan: Techniken des Betrachters. Sehen und Moderne im 19. Jahrhundert; Basel 1996, S. 117f.

[32] Mummenhoff S. 67

[33] • Zwingers Theatrum vitae humanae (1565)

• Quicchebergs Inscriptiones vel tituli theatri amplissimi (1565)

• Lomazzos Tempio della Pittura (1590)

• Bodins Universae Naturae Theatrum (1597)

• Alsteds Theatrum Scholasticum (1610) #vgl. auch Lullus, Campanella, Kircher#vgl. Schramm S. 51ff.

[34] Vgl. Benjamin, Walter: Kaiserpanorama. In: ders.: Berliner Kindheit um 1900. In: Gesammelte Schriften IV.1; Frankfurt am Main 1980, S. 235–304.

[35] In einer Beschreibung von Kira Perov heißt es dazu:

"A large tree leans diagonally across the room, its exposed roots at the floor near the entrance, and its bares branches stretching to the ceiling at the far corner of the space. Fifty small electric lantenrs are hung on its branches. Up on the rear wall is a large video-projected image. The picture is dominated by electronic noise and static patterns. Recognizable images are seen trying to break through, but they never come in clearly. Bursts of loud static and noise come through the speakers, as if a loud clear sound were about to come on, but never does. There are long silences between the bursts of noise. The only light in the room comes from the flickering lanterns and the violent flashing of the video image. The only continuous sound in the room is the delicate tone of a small wind chime hanging from a tree branch.

There has been much speculation, scientific and philosophical, on the causes of the triggering of nerve firings in the brain that recreate patterns of past sensations, finally evoking a memory. Central to the brain's operation is the fact that all ist neurons are physically disconnected from each other, and begin and end in a tiny gap of empty space. The flickering pattern evoked by the tiny sparks of thought briding these gaps becomes the actual form and substance of our ideas. All our thoughts have at their center this small point of nothingness." – Perov, Kira (Hg.): Bill Viola; Katalog Whitney Museum 1997, S. 83.

[36] vgl. Reasons...

[37] Mummenhoff S. 68ff.

[38] (Claudia Banz im Katalog S. 586)

[39] http://www.ljudmila.org/camillo/front.htm

[40] Grau Ms. S. 4).

[41] (Interview auf der CD)

[42] Natürlich hat der Vergleich mit der Renaissance systematische und historische Grenzen. Wir wollen ihn nicht überstrapazieren. Camillos Beispiel kann uns keine konkreten Anhaltspunkte für die konkrete Praxis künftiger Inszenierungen von Information geben. Dies ist schon deshalb nicht möglich, da es keine zuverlässige Überlieferung gibt, wie das Teatro genau ausgesehen hat. Möglicherweise ist es nie fertiggestellt worden. Camillos Intentionen kam das durchaus entgegen. Nur solange er an seiner Erweiterung arbeitete, dessen Architektur und Ikonologie permanent zu überholen suchte, konnte er sich und anderen das Gefühl geben, dem Geheimnis der alchemistischen Verwandlung von Gedächtnis in Erinnerung auf der Spur zu sein.